Frank Dittmer Sprach- und Sprechartist
Frank DittmerSprach- und Sprechartist

Leierkasten

Frank Dittmer als Leierkastenmann

Eine kleine Geschichte der Drehorgel

 

Ein Giovanni Barberi soll um 1700 die ersten Drehorgeln in Modena gebaut haben. "Orgue de Barbarie" heißt das Instrument noch heute in Frankreich. Wörtlich übersetzt allerdings heißt das: "Orgel aus der Barbarei", was so viel bedeutet wie: "aus der Fremde". Die mit dieser "Lumpenorgel" herumziehenden Menschen kamen aus der Fremde und erbettelten sich ihren Lebensunterhalt damit.

 

Gleichzeitig war mechanische Musik spätestens seit dem Mittelalter auch in der Kirche (Turmglockenspiele) und später auch in feiner Gesellschaft (Vogelorgeln, Serinetten) in Gebrauch. In England gab es sogar "Church Barrel Organs" - mechanische Organisten-Ersatz-Instrumente. Im Prinzip ist eine Drehorgel auch nichts anderes als eine kleine Ausgabe der großen "Königin der Instrumente". Berühmte Orgelbauer wie der Silbermann-Neffe Johann Daniel waren zu ihrer Zeit gleichzeitig Sächsische Hoforgelbauer und "Verfertiger allerley künstlicher Drehe-Orgeln".

 

Mozart, Haydn und Beethoven komponierten Musik für die "Flötenuhr" - eine Verwandte der Drehorgel. Nach der Anekdote soll sich Beethoven sogar anerkennend geäußert haben, als er eine Drehorgel hörte: So "akkurat" wünsche er mal einen Musiker seine Stücke spielen hören. Die Drehorgel tritt zuweilen auch in klassischen Bühnenstücken auf, z.B. in Puccinis Oper "Der Mantel", in Strawinskys Ballett "Petruschka", in Boris Blachers Ballett "Chiarina". Eine Orchesteranweisung zur Macky-Messer-Ballade in Kurt Weills "Dreigroschenoper" fordert, sie sei "in  der Art eines Leierkastens" zu spielen. In die Literatur führt Eichendorff das Instrument 1826 in seinem "Leben eines Taugenichts" ein.

 

Der Drehorgelspieler war in alten Zeiten musikalischer Hit-Lieferant, einzige Quelle aktueller (Opern-) Musik, Alleinunterhalter und Nachrichtenübermittler. Die Drehorgel war aber auch eine Art Renten- und Sozialversicherung. Nicht nur im Nachkriegsdeutschland sah man Kriegsinvaliden mit dem Leierkasten herumziehen. Schon Maria Theresia erteilte ihnen nach dem Siebenjährigen Krieg Lizenzen, um "mit einer Drehorgel Erwerb zu suchen." Allerdings konnten sich die "kleinen Leute" nie und nimmer selber das teure Instrument beschaffen. In Berlin wurde die Drehorgel meist ausgeliehen, um damit betteln gehen zu können. Dazu gab es ordnungspolizeiliche Regeln und zuweilen sogar Eignungsprüfungen für die bis zu 3000 Berliner Leierkastenmänner.

 

Frank Dittmers Weg zur Drehorgel

Ihm war eine Karriere als Drehorganist wahrhaftig nicht an der Wiege gesungen. Erst die Einheirat seiner Mutter in einen märchenhaften Stiefvaterhaushalt, in dem fünf Drehorgeln "wohnten", setzte den Startpunkt. Als neue Wege der Geschichtsvermittlung gesucht wurden, zog Frank Dittmer dann erstmals Ende der 1990er Jahre als Moritatensänger über den Oranienbaumer Denkmalpfad und bald auch im Kirchenauftrag über verschiedene Weihnachtsmärkte.

 

Mittlerweile hat er drei schöne Instrumente geerbt, die Dittmer bei guter Laune (und Stimme) und Gelegenheit gerne ausführt - ob mit "klassischer Kurbel" (Klassikerstücken für Leierkasten) oder bei Volks- und Marschmusikklang, ob mit Berliner Liedern oder Musicalmelodien: es gibt viele Klang-Farben und Anlässe, wo der nostalgische Orgelklang gute Laune macht. Das weite Spektrum der spielbaren Musik sehen Sie hier aufgeschrieben im Drehorgel-Repertoire. Und Sie können zwei Samples zwischen Bach und Rockballade anklicken und hören. Viel Vergügen! 

 

Repertoire Raffin Konzertdrehorgel R 31
Raffin-Repertoire_2021.pdf
PDF-Dokument [469.9 KB]
Hörprobe: Johann Sebastian Bach: Konzert Nr. 1 D-Dur nach Vivaldi
Drehorgel_Bach.mp3
MP3-Audiodatei [705.2 KB]
Hörprobe: Chatanooga Choo Choo (Sonderzug...)
Drehorgel_Sonderzug.mp3
MP3-Audiodatei [832.7 KB]